Jonny

335 Tage Kanada und wieder zurück


Geschrieben von: Maxi Aschenbrenner

Was Dich erwartet:

  • Persönliche Einblicke eines Jungkochs von der Ostseeküste im Ausland
  • So lebt und arbeitet ein Koch im StrandResort Markgrafenheide
  • Vom Zusammenhalt eines Ausbildungsbetriebes an der Ostsee

 

“Wenn ich die Zeit Revue passieren lassen soll? Das Gesamtpaket macht´s – die Leute, das Klima, der Strand, die Erinnerung – jederzeit wieder!” Kaum zu fassen, dass dieser Satz kurz nach Bestehen der Kochausbildung im StrandResort bereits zwei Jahre zurückliegt. Unfassbar, dass „jederzeit wieder“ von Jonny ernst gemeint war. Nachvollziehbar, dass mich seine Aussage neugierig macht. Euch auch? Dann nehmt Platz und zückt die Bestecktasche – ich stille Euren Wissenshunger und serviere Jonny`s persönliches Abenteuer in 4 Gängen:

Jonny

1. Mis en place – Vorbereitung ist (naja, fast) Alles

 

Kinder wie die Zeit vergeht. Gefühlt war es doch erst vorgestern, als ich Jonny zur bestandenen Kochprüfung gratulierte. Schon einmal beantwortete er meine Fragen zu seiner Kochausbildung bei uns an der Ostsee. Was ist eine Kochausbildung? „In der Nautica habe ich die Grundlagen des Kochens kennengelernt und in der blauen boje wie man Menüs kreiert, kalkuliert und die Ware dazu bestellt und wie sie gelagert wird.“ Während seiner dreijährigen Koch-Lehre am Meer hat er nicht nur im StrandResort gearbeitet. Er hat auch, wie viele seiner Ausbildungskollegen, bei uns an den Ostseedünen gewohnt. In dem damals entstandenen Video erfahrt ihr übrigens, wie er die Kochausbildung im StrandResort am Meer erlebt hat.

Nun, 2 Jahre und einen Schnurrbart später stehen wir wieder an seinem Arbeitsplatz mit Meerblick. Wieder bin ich neugierig. Denn Jonny war von Mai 2022 bis April 2023 in Kanada. Als Jungkoch im Ausland erlebt man so Einiges, denke ich. Was Genau sowie Vor- und Nachteile und warum es ihn wieder zurück zu uns an die Ostseeküste verschlägt, frage ich. Zwischen Kombidämpfer und Frittenwanne stehend, plaudert er aus dem Nähkästchen. „Jetzt stell Dir mal vor, Du fliegst mit einem vollen Rucksack ans andere Ende der Welt und hast nur für die ersten drei Nächte eine Unterkunft. Danach heißt es viel Glück.“ Das klingt ganz nach Jonny. Küstenkind, Koch, kontaktfreudig, risikobereit. „Die ersten neun Monate war ich in Vancouver, anschließend in Montreal.“ Die Lust und den Willen, als Jungkoch für eine bestimmte Zeit im Ausland zu arbeiten, ist das Eine. Das Andere doch sicherlich die Vorbereitung und Organisation. In meinem Kopf rattert schon die To-Do-Liste. Jonny bremst mich. „Beachten musst du eigentlich nur, dass du deine Dokumente wie Reisepass und Führungszeugnis rechtzeitig beantragst.“

Jonny in der Küche

 

 

„Mir hat ein Spruch aus der Kochlehre weitergeholfen: Was fertig ist, ist fertig!  Also rechtzeitig alles beantragen und sich drum kümmern, dann läuft es auch“

Ok, fassen wir zusammen. Bürokratie: Check. Wohnungssituation: ChilliMilli. „Wenn man sich Hals über Kopf in ein fremdes Land stürzt, wohnt man entsprechend.“ In Jonnys Fall bei fremden Leuten im Wohnzimmer, bei Kollegen in der Wohnung, in AirBnB´s und in umgebauten Autos. Seine extrovertierte Art und unbändige Abenteuerlust halfen ihm, zügig sozialen Anschluss und wichtige Jobs zu finden. „Ich hatte schon Kontakte bevor es überhaupt los ging. Es liegt an einem selbst, wie schnell man Anschluss findet.“ Es liegt wohl in der Natur der Dinge, dass Köche offen und experimentierfreudig sind. Breaking News.

Küchenchef vom Strandrestaurant & Bar „blaue boje“ und Jonnys Ausbilder Tobias unterstützte dessen Entscheidung, ein Jahr im Ausland als Koch zu arbeiten, von Anfang an. „Es gibt so viel auf der Welt zu sehen, neue Lebensmittel und andere Arbeitsweisen kennenzulernen, die ihm in seiner Karriere als Koch voranbringen werden. Ich kann es Jedem empfehlen!“ Tobias weiß, wovon er redet. Er selbst arbeitete als Koch zeitweise früher im Catering im Ausland und profitiert noch heute von seinem Erfahrungsschatz. Und wiederum sind wir es nun, die von Jonnys Erfahrungen einen Vorteil ziehen. Was also tun nach einer Kochausbildung? Eben. Genau Das.

 

 

2. Poutine – Pommes, Bratensoße & Käse

 

Im Strandrestaurant & Bar “blaue boje” brachten wir Jonny während seiner Kochausbildung die französische Küche mit deutschem Einfluss bei. Mit einer Ausbildung und diesem Wissen konnte er in Kanada glänzen. Das Erlernen verschiedener Nationalküchen ist enorm vorteilhaft, wenn man sich für ein fernes Land bewirbt. Ich grüble. Wie kocht denn Kanada? Auf welche kulinarischen Überraschungen musste sich Jonny als Jungkoch im Ausland einstellen? Küchenchef Tobias kennt seine Schützlinge und beruhigt: „Auch in anderen Ländern wird nur mit Wasser gekocht.“ Der Spruch hat Jonny vor seinem ersten Arbeitstag aufatmen lassen. Wasser ist, Überraschung, natürlich auch in Kanada ein wesentlicher Bestandteil des Kochens. Nordamerika punktet aber vor allem mit der Vermischung klassischer Regional- und Nationalküchen und setzt auf Fusionsküche. In Kanada leben nämlich mehr eingewanderte Mitbürger als Kanadier selbst, das macht sich in den Speisekarten der Restaurants bemerkbar. Viele Menschen kommen aus den asiatischen Ländern. „Mein Küchenchef war Koreaner, der Sous Chef Inder und mein Jr. Sous Chef Chinese. Es werden viele nordamerikanische Produkte wie Lobster und Meeresfrüchte mit interessantem Obst aus der Heimat verfeinert. Die Leute lieben es.“ Das kann ich mir gut vorstellen und wäre schon bescheiden glücklich, wenn etwas vom Süßkartoffelpüree, das Jonny gerade für das Zanderfilet zubereitet, übrigbleibt. Bei der Gelegenheit: Wirf doch einen Blick auf die aktuelle Speisekarte

„Das Nationalgericht hingegen steht jedoch in keinem Vergleich. Es ist Poutine! Pommes, Bratensoße und Käse.“ Jonny sieht meinen entgeisterten Gesichtsausdruck. „Kein Scherz! Hört sich langweilig an aber die Kanadier peppen ihr Poutine mit allem Möglichem auf. Mein Favorit war Hamburger-Poutine mit Hackfleisch, Zwiebel, Gurke und Burgersauce.“ Überzeugt mich leider noch immer nicht. Leider ist auch nichts vom Süßkartoffelpüree übriggeblieben. Schade.

Jonny beim Kochen im Strandrestaurant & Bar "blaue boje"

3. Geschmackssache

 

Doch nicht nur geschmacklich traf Jonny auf Neuland. Auch im Hinblick auf das deutsche Arbeitssystem bekam er eine neue Perspektive. „In Kanada wirst du nach Stunden bezahlt. Wenn du viel arbeitest, ist das gut. Jedoch schlecht, wenn gerade nicht viel los ist. Ich wusste nie, was ich am Monatsende bekam und konnte so nicht wirklich gut kalkulieren.“ Dennoch bietet auch Kanada seinen Angestellten gewisse Vorzüge. Dort zahlen Arbeitnehmer ebenfalls Einkommensteuer, Renten- und Arbeitslosenversicherung, womit man einigermaßen abgesichert ist. Nichtsdestotrotz, im Ausland als Koch zu arbeiten ist spannend. Ein nicht enden wollender Abenteuertrip aus neuen Welten, neuen Menschen und neuen Erfahrungen. Besonders Jobs in der Gastronomiebranche sind auf beiden Seiten beliebt. Sie bieten jede Menge Flexibilität. Schließlich gibt es Hotels und Restaurants überall auf der Welt. Man nimmt die Zeit anders wahr, ist riskanter und grübelt seltener. Kurz: Man lebt im Jetzt. Auch Jonny hat in seiner Kanada-Gegenwart viel ausprobiert und seine Bucketlist um einige Punkte abgearbeitet. So erfüllte er sich als großer Harry-Potter-Fan ein Tattoo seines Lieblingscharakters. Vielleicht wird die Auslandszeit aber auch nur deshalb so intensiv gelebt, weil man sich von vornherein eine Deadline wie Jonny setzt.

Jungkoch Jonny in Kanada

 

Mich interessiert ob er den Kontakt zu Kollegen im StrandResort aufrechterhalten hat. „Jeden Tag! Viele meiner engsten Freunde arbeiten nach wie vor hier und ich war ganz alleine 10.000 km entfernt. Klar hatte ich Heimweh aber frühzeitig abzubrechen, kam mir nie in den Sinn.“ Dann kann Jonny von Glück reden, dass eben besagte Kollegenfreunde Fernweh hatten und ihn kurzerhand besuchten. Denn was sind schon besondere Erlebnisse, wenn man sie nicht mit anderen teilen kann?! „Der mit Abstand schönste Moment war die Wanderung mit meinen Freunden. Zwei Stunden bergauf aber der Ausblick am Ende war unbezahlbar“.

Und genau diese Momente haben Jonny noch einmal den Blick aufs Wesentliche führen lassen. „Ich bin zurück, weil mir bewusstwurde, was ich am meisten vermisst habe. Meine Freunde. Im StrandResort kann ich mit ihnen wohnen, arbeiten, leben.“ Hach, hier werden gerade Zwiebeln geschnitten. Das klingt so viel schöner als „hier arbeiten, wo andere Urlaub machen“. Oder? Oder? Ich erkundige mich nach den Details seiner Heimkehr ins StrandResort. „Die Rückkehr verlief reibungslos online ab. Ich habe meinen Wunschtermin zum Start mitgeteilt und konnte pünktlich wieder die gewohnte Kochschürze umlegen.“

Jonny mit seinen Kollegen

 

4. Essen gut, Alles gut

 

Nun also wieder Kochen mit Blick auf die Ostsee. Heute wieder übertrieben schönes Wetter hier. Nur ein paar Wolken schieben sich am großen Küchenfenster mit Strandblick vorbei. Auf meine Frage, warum er gern im StrandResort arbeitet, antwortet er prompt. „Weil es für mich täglich herausfordernd ist. Eine regionale und saisonale Speisekarte setzt auch immer wieder neue Gerichte voraus.“ Weiter fügt er hinzu: „Einen Küchenposten eigenständig zu führen ist auch anspruchsvoll und verlangt höchste Konzentration.“ Sein nachdenklicher Blick weicht einem verschwörerischen Lächeln. „Aber es wäre ja sonst auch langweilig. Außerdem mag ich die Teamaufstellung von uns sehr gerne. Kein Tag gleicht dem Anderen.“ Vollendet er seine Aussage und nickt seinen Kollegen vertraut zu. Insbesondere Küchenchef Tobias freut sich über Jonnys Rückkehr. „Das Team aka Familie freut sich sehr, dass wir wieder komplett sind und zusammen die Saison rocken können.“ Ich hake neugierig nach. Inwiefern beeinflusst Jonny durch seine Auslandserfahrung die blaue-boje-Küche? „Er ist reifer und mutiger geworden. Seine Ideen lassen wir gern in unsere Gerichte mit einfließen“, verrät mir Tobias.

„Das Ganze war ein Riesenschritt für mich. Ich musste mir selbst helfen und mich um Alles kümmern. Ich glaube daran bin ich automatisch gewachsen.“ So Jonny – plötzlich ganz erwachsen. Ein Seufzer und Achselzucken später streut er noch eine Prise seiner Lieblingszutat ins nächste Gericht. „Wenn Köche gut gelaunt sind, spiegelt sich das im Essen wider. Meine Lieblingszutat ist daher gute Laune. Mit schlechter Laune lässt sich kein gutes Essen kochen. Ich spreche da aus Erfahrung.“ Und ich schreibe hier aus Überzeugung.

Übrigens wird aktuell an neuen Auslandserfahrungen gefeilt. Zusammen mit seinem Kollegen Tim plant er schon das nächste Kochabenteuer. Bis dahin genießen wir die Zeit mit Jonny und ihr das Essen im Strandrestaurant & Bar „blaue boje“. Jonny – Danke für den zweiten Küchen-SmallTalk. Wir schätzen uns glücklich, Dich in unserem Team zu haben und hoffen, Dein Fernweh hält sich noch ein wenig in (Landes-)Grenzen.

Jonny und seine Teamkollegen